Zufriedenheit, Gesundheit, ein umsorgtes Heim – das sind die Produkte des Unternehmens von Wiebke Buchinger. Sie leitet seit 2019 das Regensburger Seniorenstift im Bürgerheim Kumpfmühl . 143 Senioren sind hier zuhause. Seit 2015 ist die Einrichtung in einem richtungweisenden Neubau untergebracht. Im Keller arbeitet ein Blockheizkraftwerk. Solarthermie liegt auf dem Dach. Die Lüftung für die 11.205 Quadratmeter läuft über Wärmerückgewinnung. Photovoltaik heißt das nächste große Projekt.
Der Vorbildcharakter des Altenheimes ist Teil des Hauskonzepts. „Sie haben in Zukunft investiert“, beschreibt Wiebke Buchinger, was sie bei ihrem Start im Bürgerheim Kumpfmühl vorgefunden hat. Und spricht weiter von den „traumhaften Voraussetzungen“, die ihr Unternehmen als 100prozentige Tochter der Stadt für die Umsetzung moderner Pflege nutzen kann. Aber hier geht es nicht nur um ein Leuchtturmprojekt. In Zeiten der Energieknappheit bringt dieses schon vor einer Weile, aber solide aufgesetzte System Ertrag: Einen „leichten Gewinn gegenüber normalem Heizbetrieb“ attestiert der Herr über die Technik, Reinhard Lehner. Dank „diesem Abfallprodukt Strom“.
Obwohl der VW-Motor des Blockheizkraftwerks auf Gas läuft, ist der Wirkungsgrad der Anlage im Vergleich zu einer normalen Heizung einfach ein anderer. Dabei wurde der Motor inzwischen einmal ausgetauscht. Eine Stunde Betrieb entsprächen 60 km Fahrleistung, wenn er statt im Keller des Bürgerheims in einem Auto verbaut wäre. „Der hätte jetzt drei Millionen Kilometer runter“, rechnet Reinhard Lehner vor. „Der Stromgenerator läuft aber immer noch.“ Eine Umrüstung auf Wasserstoff wäre auch möglich. Das beträfe nur das Aggregat und wäre ohne großen Aufwand realisierbar. Das Problem: „Letztendlich geht es darum, dass der Versorger diesen Wasserstoff auch liefern muss.“
Aber egal, was heute die Motorleistung generiert, nach unten hat das Thema Blockheizkraftwerk seine Grenzen. Als „kleine Insellösung“ für das Einfamilienhaus sei das, was hier aufgesetzt wurde, nicht wirtschaftlich. „Im Großen funktioniert das besser.“
Das BHKW ist im Bürgerheim Kumpfmühl nur Teil eines umfassenden Systems, bei dem vieles ineinandergreift. Um die Versorgung der Pflegeeinrichtung sicher zu gestalten, werkeln für die Hauptlast zwei Gasthermen. Zu einem zentralen Baustein, dem vielleicht interessantesten Teil der Anlage, führt Reinhard Lehner in den Nebenraum. Dort ist der Pufferspeicher untergebracht, der von allen Wärmequellen beschickt und bei 60 bis 65 Grad gehalten wird. Dieser Speicher, der Heizung und Warmwasser über Wärmetauscher versorgt, priorisiert natürlich BHKW und Solarthermie. Der Clou: „Sie haben keinen Boiler.“ So finden die einzelnen Komponenten der Anlage bruchlos zusammen.
Die Lüftungsanlage des Seniorenstifts läuft darüber hinaus mit Wärmerückgewinnung. Entsprechende Dämmung und dreifachverglaste Fenster sind nur konsequent. Die Anlage sorgt in den Räumen ein- bis zweimal pro Stunde für einen kompletten Luftaustausch. Dass man da ein Fenster aufmacht, ist weder nötig noch zielführend in Sachen frische Luft.
Mit entsprechendem Verhalten und der ein oder anderen guten Idee lässt sich so eine Anlage noch weiter optimieren. Ein BHKW hat seine Grenzen, was die Stromproduktion angeht. Verbrauchsspitzen bedeuten mehr Strom aus dem Netz. Die Antwort von Reinhard Lehner sind simple Zeitschaltuhren. Die Waschmaschinen werden abends bestückt und programmiert und beginnen um 5 Uhr ihren Dienst. „Und wenn das Personal unserer Wäscherei kommt, ist die erste Maschine fertig. Wir sind dann aus der Spitzenlastzeit heraus, wenn die Küche in Betrieb geht.“ Der nachhaltige Umgang mit Energie hört mit dem Einbau moderner Technik längst nicht auf.
„Wir haben das so übernommen und versuchen einfach zu verbessern“, sagt die Heimleiterin. Im Kumpfmühler Seniorenstift ist Nachhaltigkeit inzwischen eine unternehmerische Haltung. Bis dahin war es ein Stück Weg. Und dieser Weg führte hier – und führt immer – über das Verständnis der beteiligten Menschen. Das hauseigene Team, die Partner, die Kunden wollen mitgenommen werden.
Christina Scheffczyk, Leiterin Hauswirtschaft, erinnert sich daran, „als wir das Wort Nachhaltigkeit das erste Mal ausgesprochen haben“. Bei den Reinigungs- und Desinfektionsmitteln zum Beispiel: „Die Reinigungskräfte dachten, sie müssten sparen, damit wir auf nachhaltige Produkte umsteigen können.“ Letztendlich seien damit aber keine Mehrausgaben verbunden gewesen.
Um ein Denken zu etablieren, das der Verantwortung in Zeiten des Klimawandels Rechnung trägt, musste das Thema erst einmal erklärt werden. Das übernahm der Referent für Wirtschaft, Wissenschaft und Finanzen der Stadt Regensburg, Professor Dr. Georg Stephan Barfuß, auf einer hausinternen Infoveranstaltung. Barfuß war viele Jahre lang Professor für nachhaltige Unternehmensführung und ist Experte auf dem Gebiet. Damit war die Leitungsebene für das Thema sensibilisiert. „Wenn die Kolleginnen und Kollegen das Thema verinnerlicht haben, dann ist das schon die halbe Miete“, sagt Wiebke Buchinger heute. Top Down funktioniert in der Pflegeeinrichtung. Ihr erstes Projekt im Haus war das Toilettenpapier. Statt vierlagig weiß ging recyclinggrau und dünn von der Rolle. Der „Shitstorm“ war kurz, das Papier nun nach Jahren ein unerwarteter Vorteil: „Wir hatten bei Corona nie Lieferengpässe“, berichtet Christina Scheffczyk. Nach ihrer Erfahrung gehört ein bisschen Aufregung naturgegeben zu jeder Neuerung. „Man beschwert sich und dann geht das an den Rand. Die Bewohner würden dieses Toilettenpapier nie zum Thema Nachhaltigkeit zählen.“
Wiebke Buchinger hat noch eine andere Beobachtung gemacht: Umweltschutz ist eine Generationenfrage. „Die betagten Senioren, zwischen 80 und 100, die belächeln das.“ Für die alten Menschen in ihrem Haus sei das ein einfaches Spiel gewesen. Dass da etwa ein Marmeladentopf mit Löffel drin auf dem Frühstückstisch steht und nicht jede sein eigenes und eigens verpacktes Portiönchen aus dem Alubecher kratzt, weniger Fleisch auf dem Speisezettel – „das beschränkt sie nicht, wir müssen sie gar nicht überzeugen“, so Wiebke Buchinger. Astrid Günther, im Haus für das Qualitätsmanagement zuständig, glaubt, dass diese Gelassenheit aus der Erfahrung erwächst: „Die Bewohner haben das einfach schon erlebt. Die hatten Kriegszeiten. Da wurden die Socken gestopft. Die sehen das anders.“
Überzeugungsarbeit sei dagegen bei den Menschen zwischen 40 und 70 zu leisten, sagt Wiebke Buchinger, „wo ich die Mitarbeiter habe und jüngere Bewohner – Menschen, die einfach den Konsum kennen“. Aber sie versteht, dass sich nicht jeder ihrer 130 Angestellten dem Thema Nachhaltigkeit verschreibt. In der Pflege gibt es gerade viele Baustellen: „Wir kämpfen mit Corona, mit der Energiekrise, mit dem Fachkräftemangel.“
Der Kampf gegen den Klimawandel? „Das ist alles obendrauf.“ Trotzdem müsse man sich eben um die Welt kümmern: „Wir wollen sie so zurücklassen, dass wir mit einem ruhigen Gewissen gehen können. Dass unsere Kinder das auch erleben dürfen. Das denke ich für meine Familie, und das will ich für den Betrieb auch. Ich bin da nicht schizophren.“
Foto: v. l. Christina Scheffczyk (Leiterin Hauswirtschaft), Wiebke Buchinger (Leiterin des Seniorenstifts), Reinhard Lehner (Technischer Leiter) und Astrid Günther (Qualitätsmanagement)